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“Female Leadership” – Risiko oder Chance für die Arbeits- und Unternehmenswelt?
Dunkel Hell

“Female Leadership” – Risiko oder Chance für die Arbeits- und Unternehmenswelt?

Kinga Bartczak
Female Leadership-Risiko oder Chance für die Arbeits-und Unternehmenswelt-Artikelbild

Herzlich Willkommen zum FemalExperts Podcast – Dein Podcast von Frauen, für Frauen, über Frauen.

Hier geht es direkt zur Podcast-Folge zum Thema Female Leadership:

Schön, dass du wieder mit dabei bist und vielen Dank für die lieben Rückmeldungen zu meiner letzten Podcastfolge über das Impact Investing. Ich freue mich sehr, dass ich einige von euch ein wenig aus der Komfortzone locken konnte oder zumindest zum Nachdenken angeregt habe.

Heute möchte ich über das Konzept der “weiblichen Führung” sprechen, welches in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen hat. Weibliche Führung oder auch Female Leadership beschreibt dabei einen Führungsstil, der sich durch bestimmte Merkmale auszeichnet, die traditionell als “weiblich” angesehen werden. Beispiele wären hierzu Werte sowie Fähigkeiten, wie Empathie, Konsensbereitschaft, emotionale Intelligenz, Multitasking und kommunikative Fähigkeiten.

Positive Effekte von Female Leadership

Und tatsächlich gibt es einige Studien, die einen positiven Effekt weiblicher Führungskräfte im Unternehmenskontext bestätigen, so beispielsweise eine Studie von 2019 des Peterson Institute for International Economics die herausfand, dass Unternehmen mit weiblichen Führungskräften in Vorständen und Geschäftsführungspositionen tendenziell rentabler sind (Fazit: Steigt der Frauenanteil in den Chefetagen um 30 Prozent, wächst der Nettoumsatz um 15 Prozent). Im gleichen Jahr wurde auch der Harvard Business Report veröffentlicht, welcher zeigte, dass weibliche Führungskräfte oft besser darin sind, emotionale Intelligenz zu demonstrieren, einschließlich Empathie und Konfliktmanagement, was zu einem verbesserten Arbeitsklima führen kann.

Stereotype bei Führungsstilen

Im Sinne des Female Empowerments finde ich es natürlich klasse, dass wir uns auch in der Forschung den Vorteilen diverser Führungsstile widmen. Es ist jedoch gleichermaßen wichtig zu betonen, dass diese Kategorisierungen von “weiblichen” und “männlichen” Führungsstilen stark vereinfacht sind und auf Geschlechterstereotypen beruhen (Stichwort: Gender Bias). Je nach Kontext, Persönlichkeit oder Erfahrung kann der persönliche Führungsstil stark variieren, ungeachtet geschlechtsspezifischer Zuschreibungen.

Welcher Führungstyp bist du? Persönlichkeitstests und ihre Grenzen

In unserer heutigen Arbeitswelt sind verschiedene Tests an der Tagesordnung, um Mitarbeitende zu kategorisieren und sie anschließend effizient in bestimmten Arbeitsstrukturen arbeiten zu lassen. Bestimmt hast du hierbei bereits von dem Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI) gehört, dieser wird auch 16 Personalities genannt. Auch der Big Five-Persönlichkeitstest (OCEAN) ist vielen von uns schon einmal begegnet. Dieses Modell beurteilt fünf Schlüsselmerkmale der Persönlichkeit: Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus (Emotionskontrolle). 

Ich muss zugeben, ich bin kein Fan von irgendeinem dieser Modelle. Ich möchte diesen ihre wissenschaftliche Berechtigung gar nicht absprechen, aber ähnlich wie bei einem IQ-Test bin ich der Überzeugung, dass Menschen in ihrer Vielfalt und Komplexität nicht durch ein paar Zahlen ganzheitlich erfasst werden können und dass solche Tests ebenso starken Schwankungen unterliegen. Je nachdem, in welcher Lebensphase oder gar Tagesform ich diese absolviert habe, können die Ergebnisse variieren. 

Viel interessanter, als in vorgefertigten Kategorien zu denken, ist es, im Hinblick auf „weibliche Führung“ über die Herausforderungen und Hindernisse zu sprechen.

Beispielsweise, dass Stereotype zu mangelnden Beförderungen (Stichwort „Gläserne Decke“) führen können und hierdurch einen Dominoeffekt auslösen. Auch im 21. Jahrhundert sind durch solche Vorurteile der Gender Pay Gap, Care Gap und Pension Gap allgegenwärtig und dies sind lediglich drei Gaps, ungeachtet des Data Gaps, z.B in der Medizin oder dem Investment Gap, wenn es um den Entrepreneurship-Bereich geht.

Wenn wir also über die Herausforderungen im Bereich der Führung sprechen, liegt es natürlich nahe, sich die Rahmenbedingungen anzuschauen, die es zu verändern gilt.

8 Möglichkeiten für mehr Female Leadership in Unternehmen

Darum habe ich euch an dieser Stelle 8 Möglichkeiten mitgebracht, wie wir Führung für Frauen dauerhaft und wertschöpfend erlebbar machen können:

1. Mentoring- und Coaching-Programme

Ihr kennt mich mittlerweile sehr gut: Ich bin selbst zertifizierte systemische Coaching sowie 3-fache Mentorin und ich möchte diese Aufgaben nicht missen. Mentoring- und Coachingprogramme können helfen, weibliche Mitarbeitende in ihrer Karriereentwicklung zu unterstützen und sie mit Führungskräften zu vernetzen, die als Vorbilder dienen können. Diese Arbeit ist unglaublich wichtig, denn wenn es keine Repräsentanz von Frauen in den oberen Führungsetagen gibt, führt die mangelnde Sichtbarkeit dazu, dass Frauen sich hier manchmal gar nicht erst trauen, einen solchen Posten für sich in Betracht zu ziehen. Es ist also von enormer Bedeutung, Role Models zu haben, die einen nicht nur beraten, sondern auch klare Empfehlungen aussprechen und einen aktiv unterstützen.

Führungskräftetrainings

Spezielle Trainings für weibliche Führungskräfte können helfen, Fähigkeiten zu entwickeln und das Vertrauen zu stärken, um Führungspositionen anzustreben. Aufgrund unserer sozioökonomischen Erziehung müssen wir hier noch einiges nachholen, denn Führung bedeutet eben nicht immer brav, angepasst und ruhig zu sein, wie es jungen Mädchen in ihrer Kindheit oft vermittelt wird. Manchmal müssen wir auch mal ungemütliche Entscheidungen treffen, laut sein oder zumindest eine gewisse Souveränität ausstrahlen, die bei anderen möglicherweise nicht gut ankommen wird. Ich kenne das als Geschäftsführerin selbst: Natürlich möchtest du der Good Cop sein und von allen gemocht werden, aber die Realität fordert dich hier oftmals heraus und dann ist es besser authentisch als nett zu sein, auch wenn ich mich selbst stets bemühe, beides miteinander zu verbinden.

Flexible Arbeitsbedingungen

Flexibilität bei der Arbeit, einschließlich flexibler Arbeitszeiten und Möglichkeiten für Telearbeit, Homeoffice, Remote Work, etc. kann es Frauen erleichtern, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren. Ich stelle an dieser Stelle zwar explizit Frauen heraus, jedoch bleibt die Hoffnung, dass diese Entwicklung ALLEN Mitarbeitenden eine bessere Vereinbarkeit ihrer beruflichen sowie ihrer Lebensziele ermöglicht.

Faire und transparente Rekrutierungs- und Beförderungsverfahren

Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Rekrutierungs- und Beförderungsverfahren keine Geschlechtervorurteile enthalten und dass die Kriterien für Beförderungen klar und transparent sind. Das kann durch den Einsatz von Gleichstellungs- sowie Diversity Beauftragten passieren oder durch anonymisierte Bewerbungsverfahren. Wir alle haben Gender & Unconscious Bias, auch wenn wir uns die meiste Zeit unseres Lebens einreden möchten, wie tolerant und menschenfreundlich wir doch sind. Hier braucht es mehr Reflexion und wir sollten versuchen, durch personelle und strukturelle Veränderungen den Prozess fairer zu gestalten. Oftmals geschieht Diskriminierung ungewollt, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass sie geschieht.

Geschlechterquoten

Einige Unternehmen und Länder haben Quoten für Frauen in Führungspositionen eingeführt, um sicherzustellen, dass eine bestimmte Anzahl von Führungspositionen von Frauen besetzt wird. Ich spreche hier natürlich bewusst von Geschlechterquoten, muss jedoch bereits jetzt sagen: Für mich ist das nur der erste Schritt. Das Ziel ist eine Diversity-Quote. Ich akzeptiere jedoch, dass wir irgendwo anfangen müssen.

Siehe auch
Wie man aus der Burnout-Kultur aussteigt-Marlene-A-Magerl

Schaffung einer inklusiven Unternehmenskultur

Unternehmen sollten eine Kultur der Inklusion und Vielfalt fördern, in der alle Mitarbeitenden unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrem Alter, ihrer ethnische Herkunft, sexuellen Orientierung, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung sowie ihres sozioökonomischen Status gleichberechtigt und respektvoll behandelt werden. Für mich ist das seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn der essenzielle Part meiner Arbeit gewesen und ich habe mit diesem Wertekanon auch meine zwei Unternehmen gegründet. Ich wusste, dass wir durch aktive Kulturarbeit an die eigentlichen, strukturellen Herausforderungen herankommen können. Wer also ein aufrichtiges Interesse an einem inklusiven Miteinander im Unternehmen hat, muss auch bereit sein, in diese zu investieren und vielleicht auch an der ein oder anderen Stelle Glaubenssätze loszulassen oder diese komplett zu hinterfragen.

Code of Conduct

Dieser Punkt schließt für mich direkt an die Unternehmenskultur an. Ich sehe dies oftmals im Bereich unserer Diversity-Trainings. Viele Unternehmen möchten ein solches Sensibilisierungs- oder Skillset Training absolvieren, gehen dann aber nicht den letzten Schritt, die daraus gewonnen Erkenntnisse im Rahmen einer systemischen Diversity Management-Strategie zu verschriftlichen und nachhaltig in ihre Kultur zu implementieren. Das muss letztlich jedoch passieren, um das Ganze auch zu verstetigen und dem Thema die Bedeutsamkeit zu geben, die es verdient.

Unterstützung bei der Kinderbetreuung

Die Bereitstellung von Unterstützung für die Kinderbetreuung, wie z.B. Betriebskindergärten oder finanzielle Zuschüsse können nicht nur Frauen, sondern allen Familien dabei helfen, Karriere und Privatleben besser miteinander zu vereinbaren. Dieser Punkt müsste schon längst als „erledigt“ gelten. Bei Unternehmen wünsche ich mir hier mehr Selbstverpflichtung. So reicht es nicht, lediglich in die Richtung der Politik zu schielen. Als Unternehmerin ist mir bewusst: Wir sind für unsere Strukturen und Rahmenbedingungen selbst verantwortlich und sollten diese Verantwortung nicht einfach an die nächsthöhere Instanz abgeben. Manchmal lassen sich hier auch monetär recht niederschwellige Möglichkeiten schaffen, um für alle ein familienfreundliches Arbeitsumfeld zu kreieren – Letztlich kommt es auch hier nicht nur auf die Möglichkeiten, sondern auch auf den unternehmerischen Willen an.

Die Rahmenbedingungen entscheiden beim Female Leadership

Natürlich zeigen die vorgeschlagenen Maßnahmen nur einen kleinen „Schnappschuss“, was alles möglich wäre. Grundsätzlich bin ich jedoch davon überzeugt, dass wir durch die Anpassung der Rahmenbedingungen, auch eine diverse und hierdurch inklusive Arbeits- und Unternehmenswelt schaffen können. Letztlich wissen wir, dass sich Diversität in jeglicher Hinsicht (personell, monetär, unternehmerisch, politisch, sozial und gesellschaftlich) mehr lohnt, als ein homogener Einheitsbrei mit den immer gleichen Strukturen, Ideen und Personen.

Mich würde sehr interessieren, was du zu diesen Vorschlägen, zum Thema Führung im Allgemeinen oder auch über die angeführten Persönlichkeitstest denkst. Lass es mich gerne per Kommentar wissen.

An dieser Stelle möchte ich mich übrigens auch ganz herzlich bei allen Zuhörenden bedanken. Ich weiß natürlich, dass die Podcastwelt riesig ist, aber ich möchte dir in jedem Fall sagen, dass ich überglücklich bin, dass du mir ab und an dein Ohr und dadurch auch deine kostbare Lebenszeit schenkst, um meinen Gedanken zu lauschen und auch deine Gedanken mit mir zu teilen.

In diesem Sinne wünsche ich dir noch einen wundervollen Tag.

Bis dahin
Deine Kinga

Über die Autorin

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Kinga Bartczak berät, coacht und schreibt zu Female Empowerment, neuer Arbeitskultur, Organisationsentwicklung systemischen Coaching und Personal Branding.

Zudem ist sie Geschäftsführerin der UnternehmerRebellen GmbH und Herausgeberin des FemalExperts Magazins.

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