Herzlich Willkommen zum FemalExperts Podcast – Dein Podcast von Frauen, für Frauen, über Frauen. Heute geht es um das spannende Thema Prokrastination oder wie wir es im Hochschul- und Arbeitskontext gerne nennen: Aufschieberitis.
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Ein persönlicher Einblick
Ich muss gerade selbst etwas schmunzeln, denn immer wenn ich mich irgendwo vorstelle und den Menschen erzähle, dass ich zwei Unternehmen leite, ein Magazin betreibe und meine Rolle als Mentorin, Coach, Trainerin und Beraterin rocke, sehen sie mich immer an, als hätte ich ihnen gerade den Sinn des Lebens erläutert. Aber ganz ehrlich: Ich bin ziemlich faul!
Ja, ich meine das ernst. Ich habe fast fünf Jahre für meine Masterarbeit gebraucht, nur um sie dann in drei Wochen fertigzuschreiben. Du merkst also, ich bin der absolute Deadline-Typ. Ich habe danach zu meinem Partner gesagt: Sollte ich den Wunsch haben zu promovieren, brauche ich sicher zehn Jahre, dann bestehe ich aber mit Summa Cum Laude.
Prokrastination erkennen und benennen
Ein wichtiger Schritt zur Überwindung der Prokrastination ist, die Herausforderung klar zu benennen. Dinge, die wir zu Papier bringen, verlieren ihre Macht über uns. Sie sind plötzlich nicht mehr verschwommen hinter vielen Gedanken versteckt, sondern stehen schwarz auf weiß vor uns. Für mich ist die Perfektion eine große Herausforderung. Obwohl ich die Sprüche wie “Better done than perfect” kenne, helfen sie meinem inneren Team nicht wirklich. In meinem Kopf sitzt ein Team aus lauter Skeptikerinnen.
Indem ich das Problem benenne, kann ich es schrittweise auseinandernehmen. Ich frage mich, welche Angst hinter der Perfektion steckt und welcher Wunsch dahinter verborgen ist. Die Angst ist, dass ich nicht gut genug vorbereitet bin und meine Kundinnen/Kunden enttäuschen könnte. Der Wunsch hingegen ist, immer mein absolut Bestes für meine Kundinnen zu tun.
Die Gleichung der Prokrastination
Ich habe also folgende Gleichung für mich aufgestellt:
- Ausgangsimpuls: Ich will mein Bestes geben.
- Konsequenz: Druck entsteht.
- Negative Überhöhung der eigenen Ambition: Streben nach Perfektion.
- Resultat: Prokrastination.
Dadurch, dass ich diese Formel einmal für mich aufgeschrieben habe, kann ich sie nun wie eine professionelle Mathematikerin langsam in ihre einzelnen Komponenten aufteilen und Lösungen für jeden einzelnen Schritt finden.
Praktische Lösungen gegen Perfektionismus
Persönliches Vorgespräch
Ein persönliches Vorgespräch hilft, die Erwartungshaltungen, Inhalte, Organisatorisches und Grenzen des Formats miteinander zu besprechen. Zum Beispiel gibt es manchmal Kundinnenanfragen für ein Unconscious Bias-Training für vier Stunden. Das ist in der vorgegebenen Zeit einfach nicht umsetzbar. Hierbei werden die Grenzen aufgezeigt, die auch für deine Werte und Inhalte gelten.
Großzügige Zeitplanung
Ich plane gerne großzügig. Kurzfristige Anfragen, die mich unter Zeitdruck setzen, lehne ich ab. Ich weiß, dass ich so nicht mein Bestes geben kann. Stattdessen plane ich je nach Anfrage zwischen zwei Wochen und drei Monaten. Das gibt mir genügend Zeit, mich vorzubereiten und meine beste Leistung zu erbringen.
Sparringspartner*innen suchen
Suche dir, wenn möglich, einen Sparringpartner. Ich habe FemalExperts gemeinsam mit meinem Partner Dennis Jantsch gegründet, und das war das Beste, was ich je in meinem beruflichen Leben getan habe. Ein scharfer Kritiker kann dein Konzept schnell in der Luft zerfetzen und dich so zu besseren Ergebnissen führen.
Online-Communities und Working Sessions
Falls du keinen Sparringpartner findest, schau dir Videos auf YouTube an. Unter den Begriffen #workwithme oder #studywithme gibt es mehrstündige Videos, in denen Menschen einfach an ihrem Schreibtisch sitzen und arbeiten. Das kann ein Gefühl der Verbundenheit schaffen. Wenn dir Live-Sessions lieber sind, melde dich gerne via Instagram oder LinkedIn. Vielleicht organisiere ich eine „Working Hour“ für die FemalExperts-Community.
Die Profi-Perspektive
Betrachte dein Ziel aus der Perspektive eines Profis. Als ich meine Masterarbeit schrieb, stellte ich mir vor, ich wäre eine weltberühmte Wissenschaftlerin, die sich jetzt richtig in die Studien reinhängt und die Ergebnisse kritisch bewertet. Dadurch stärkst du dein professionelles Mindset und schaffst es, der großen Aufgabe nicht zu viel Bedeutung beizumessen.
Die „Wenn,…dann“-Regel
Diese Regel hilft dir vor allem in der Vorbereitung. Frag dich: “Wenn mir kritische Fragen begegnen, dann reagiere ich folgendermaßen…”. Oder: “Wenn mich das Hochstapler-Syndrom packt, dann suche ich mir zielgerichtete Statistiken heraus, die meine Argumentation stützen.” Diese Regel hilft dir, nicht an den eigenen Glaubenssätzen zu scheitern.
Energie folgt der Bewegung
Energie folgt der Bewegung. Es bringt nichts, sich ganz viele Pläne zu machen oder zu glauben, dass dich aus heiterem Himmel die Motivation kickt. Sobald du in Bewegung kommst, wird die Motivation folgen.
Einfach durchziehen
Mein letzter Tipp ist mit Vorsicht zu genießen: Zieh es einfach durch. Ich habe meine damalige Masterarbeit letztlich binnen drei Wochen runtergeschrieben. Natürlich ist das nur die halbe Wahrheit, denn in der Zeit davor habe ich Recherchearbeit betrieben und meine Literaturliste erstellt. Ich habe mich also vorbereitet. Trotzdem hat die Arbeit erst in diesen drei Wochen Gestalt angenommen, und das lag an einer einfachen Technik: Ich bin jeden Tag aufgestanden und habe mir gesagt: Egal was an diesem Tag ansteht, ich schreibe ein Kapitel zu Ende.
Diese Regel gilt allerdings nicht für jede Person, da die Ursachen für Prokrastination vielfältig sein können. So können zum Beispiel körperlich oder psychische Erkrankungen mit im Spiel sein, wodurch konzentrierte Arbeit nahezu unmöglich ist. In dieser Situation geht es dann erst einmal darum, seine eigene Leistungsfähigkeit mit professioneller Hilfe wiederherzustellen.
Dein Feedback
Mich interessieren in jedem Fall deine Gedanken zu dieser Podcastfolge. Welche Profirolle wählst du für deine nächste Aufgabe? Lass mich gerne wissen, was du über das Thema Prokrastination denkst, wie und wann es dir begegnet und wie du damit umgehst.
Bis dahin danke ich dir für deine Zeit und freue mich, dich beim nächsten Mal wieder dabei zu haben.
Deine Kinga
Über die Autorin
Kinga Bartczak berät, coacht und schreibt zu Female Empowerment, neuer Arbeitskultur, Organisationsentwicklung systemischen Coaching und Personal Branding.
Zudem ist sie Geschäftsführerin der UnternehmerRebellen GmbH und Herausgeberin des FemalExperts Magazins.