Aktuell spukt der “Brexit” durch alle Medien und auch der amerikanische Präsident erzeugt zunehmend mit seinen teilweise bizarren Aussagen Kopfschütteln.
In einer Welt, in der Informationen und Fakten für jeden zugänglich sind und es nicht mehr darum geht, diese zu sammeln, sondern kritisch zu überprüfen und zu selektieren, gibt es eine entscheidende Komponente, die immer mehr an Einfluss gewinnt: Emotionale Macht.
So sind es nicht bloße Statistiken und Zahlen zu Exportbilanzen oder Migrationsdaten, die die Menschen beeinflussen, sondern emotionale Botschaften und oftmals auch geschürte Ängste, die den Ausschlag geben.
Dabei stellt sich die Frage, ob emotionale Manipulation oder Erpressung auch einen entgegengesetzten Effekt haben kann. Die negative Konnotation rührt daher, dass die Menschen, die einer emotionalen Manipulation unterliegen, nicht mehr objektiv über einen Sachverhalt urteilen können. Ihre Wahrnehmung wird bewusst im Sinne des Manipulierenden getrübt und die objektive Wahrheit verzerrt.
Was passiert jedoch, wenn emotionale Einflussnahme der Stärkung der Verbundenheit dient und somit etwas Positives bewirken kann?
Von der Manipulation hin zur emotionalen Teilhabe
Nehmen wir ein Unternehmen, welches seit einigen Jahren mit einer hohen Fluktuation und mangelnder Motivation unter seinen Mitarbeiter/innen zu kämpfen hat.
Nun geht es darum, eben diese Mitarbeiter/innen von neuen Änderungen zu Gunsten der Unternehmenskultur zu überzeugen und neue Strukturen zu schaffen.
Anstatt die „Überzeugungs-Rede“ damit zu starten, dass sich die Führungsebene Gedanken über Veränderungen (gerne auch Change-Prozesse genannt) gemacht habe und diese nun schrittweise durch die Belegschaft umgesetzt werden müssten, könnte man sich die selektiven und analytischen Eigenschaften der Menschen zu Nutze machen, welche bei der Aufnahme von Informationen Anwendung finden.
Die Mitarbeiter/innen sollten in Ihren Eigenschaften und Zielen bestärkt werden, es müssen ihnen durch die Veränderungen Möglichkeiten eröffnet werden und was das Wichtigste ist: Sie müssen einen wesentlichen Teil des Prozesses selbst gestalten dürfen und nicht nur Teil der Umsetzung sein. Es ist einfacher ein Projekt mitzugestalten, anstatt es nur zu präsentieren, da hier völlig der Identifikationscharakter fehlt.
Während die Führungsebene die Rahmenbedingungen oder Grenzen festlegt, haben die Mitarbeiter/innen die Möglichkeit, innerhalb dieser die Prozesse mitzugestalten.
Emotionen schlagen Fakten
Gemeinsame Erlebnisse und die Konzentration auf ein gemeinsames Ziel führen zur Synchronisation der Emotionen. Hierbei ist es wichtig die Mitarbeiter/innen nicht mit Fakten zu bombardieren und ihnen bloße Zahlen zu präsentieren, die erfüllt sein müssen. Es geht darum „Geschichten“ zu erzählen, die eine Verbindung schaffen. Bereits aus den Neurowissenschaften wissen wir, dass die Amygdala, die Gehirnregion, in welcher unsere Emotionen verarbeitet und blitzschnell auch an den Hyppocampus weitergeleitet werden, schneller durch Gefühle als durch Fakten angesprochen wird. Die im Hyppocampus gespeicherten Erinnerungen sind binnen Sekunden verfestigt und lassen sich im Nachgang nur schwer mit reinem Faktenwissen ersetzen.
Entsprechend können Sie mit Daten und Fakten immer nur dann punkten, wenn Sie die angesprochenen Personen auch auf emotionaler Ebene „abgeholt“ haben. Obwohl dies mittlerweile eigentlich klar sein dürfte, wird es in Unternehmen oftmals nicht eingehend praktiziert.
Stärken Sie Ihre Mitarbeiter mit Hilfe von Emotionen
Ich entdecke in Workshops, in denen es um Veränderungsprozesse sowie gemeinsame Lösungsansätze geht, oftmals die „Fakten-Kommunikation“, die sich seit Jahrzehnten an der Oberfläche hält und fest etabliert scheint.
Ein erfolgreiches Unternehmen besteht aus mehr als betriebswirtschaftlichen Auswertungen oder Produktionszahlen. Motivierte, zufriedene Mitarbeiter/innen sowie emotionale Teilhabe sind der Schlüssel. Hierbei ist es wichtig, nicht zwanghaft deren Meinung ändern zu wollen, da dies Widerstand und emotionale Ohnmacht zur Folge haben. Sinnvoller ist es, ihnen die Angst vor Identitätsverlust zu nehmen, den Kern ihrer Persönlichkeit sowie die Loyalität zum Unternehmen zu stärken.
Emotional Business als festes Unternehmens-Credo
Mit diesen 6 Schritten etablieren Sie das „Emotional Business“ als Teil Ihrer Business- und Kommunikationskultur:
- Finden Sie im ersten Schritt Argumente, die nicht mit denen der „Gegenseite“ konkurrieren. Wenn zum Beispiel kurzfristig wichtige Unternehmensziele erfüllt werden müssen, ist die Lösung nicht mehr zu arbeiten (Gegenargument der Mitarbeiter ist hier also: Wir haben doch genug zu tun). Stattdessen wäre es denkbar, die Sachlage zu erläutern und die Mitarbeiter bei der Lösungssuche ohne emotionale Erpressung zu beteiligen.
- Wenn es zu viel Arbeit gibt, sollte diese nicht einfach auf einzelne Mitarbeiter „abgewälzt“ werden. Stattdessen sollte gezielt nachgefragt werden, ob eine Person gerade Kapazität hätte und unterstützen kann. Es empfiehlt sich ebenso eine kleine Projektgruppe zusammenzustellen, die sich auf die Abarbeitung für einen festgesteckten Zeitraum konzentriert, dafür an anderer Stelle jedoch Entlastung erfährt.
- Vorteilsübermittlung: Anstatt neue Regelungen einfach vorzustellen, sollten Sie mit den Mitarbeiter/innen ins Gespräch gehen und deren Wünsche und Bedürfnisse als Teil des Regelwerkes mitaufnehmen.
- Gewinnen Sie ihre Mitarbeiter/innen als Sparringspartner. Fragen Sie gezielt, wie diese mit einem Problem umgehen würden. Sie sollten hierbei immer an eines denken: Ein/e zufriedene/r Mitarbeiter/in ist eher bereit, Ihnen auch in schwierigen Zeiten zur Seite zu stehen, als derjenige/diejenige, der/die sich nie als Teil des Prozesses und der Entwicklung betrachten konnte.
- Setzen Sie immer auf Gedanken, die verbinden und konstruktiv sind. Wenn also eine Gehaltserhöhung gerade finanziell schwierig ist, so gehen sie auf anderem Wege ihrer/ihrem Mitarbeiter/in transparent entgegen und stärken Sie dessen/deren Haltung in anderer Hinsicht. Konkrete Tipps finden Sie hierzu in meinem Artikel „Employer Branding – Mitarbeiterbindung leicht gemacht“.
- Verwenden Sie stets gewaltfreie Kommunikation Ihren Mitarbeiter/innen gegenüber. Aussprüche, wie „Wir haben Zahlen zu erfüllen und können nicht auf Befindlichkeiten einzelner Rücksicht nehmen“, ist nicht gerade motivierend. Gehen Sie auf den Widerstand Ihrer Zuhörer/innen ein, nehmen Sie diesen ernst und sprechen Sie Ihr Verständnis aus. Gehen Sie im Anschluss an die Darlegung der Sachlage (hier noch ohne emotionalen Unterton) zu Schritt vier. Fragen Sie nach konkreten Handlungsstrategien Ihrer Mitarbeiter/innen und gewinnen Sie auch Fürsprecher/innen für Ihre Ideen.
Nachgefragt:
Wie schätzen Sie die Wirkung emotionaler Argumente ein? Haben Sie bereits mit dem „Emotional Business“ oder mit einer Kultur der „reinen Fakten“ Erfahrungen gemacht?
Über die Autorin
Kinga Bartczak berät, coacht und schreibt zu Female Empowerment, neuer Arbeitskultur, Organisationsentwicklung systemischen Coaching und Personal Branding.
Zudem ist sie Geschäftsführerin der UnternehmerRebellen GmbH und Herausgeberin des FemalExperts Magazins.
- 3. Dezember 2024
[…] ahnen vermutlich, worin ein solches Verhalten mündet, denn Emotionen lassen sich nicht ein Leben lang unterdrücken. Irgendwann ist der innerliche Druck zu hoch und die gutgeübte Fassade erhält Risse. Bei dem […]