Selbstfürsorge und persönliches Wachstum sind keine Luxusgüter, die nur einer bestimmten Gruppe von „Karrierefrauen“ vorbehalten sind – sie sind essentiell, um den Herausforderungen des Lebens mit Energie und Fokus zu begegnen. Besonders als berufstätige Frau mit einem prall gefüllten Terminkalender kennst du das Gefühl, ständig jonglieren zu müssen. Deine Energie ist hierbei ein wertvolles Gut, und strategisch mit ihr zu haushalten, ist oftmals entscheidend.
Doch Hand aufs Herz: Wer hat schon Zeit für stundenlange Self-Care-Rituale? Zwischen Beruf, Familie und all den anderen Rollen, die wir täglich ausfüllen, bleibt oft kaum Raum für uns selbst. Aber genau hier liegt der Clou: Es sind nicht die großen, aufwendigen Rituale, die den Unterschied machen, sondern die kleinen, eingängigen Gewohnheiten.
Deshalb habe ich dir heute zehn einfache, aber wirkungsvolle Mikro-Gewohnheiten zusammengestellt. Sie sind leicht in deinen Alltag zu integrieren und helfen dir, nicht nur produktiver, sondern möglicherweise auch ein wenig zufriedener zu werden – Schritt für Schritt.
1. Vom Konsumieren zum Produzieren
Liest du ständig inspirierende Artikel und Bücher, setzt das Gelernte aber nie um? Ich verspreche dir, damit bist du nicht allein! Der Schlüssel ist, Wissen nicht nur geistig aufzunehmen, sondern das Gelernte auch in die Tat umzusetzen, sprich, hieraus etwas Produktives umzusetzen. Für jede Stunde, in welcher du etwas lernst, solltest du dabei ca. zwei Stunden aufwenden, um das Gelernte umzusetzen.
Beispiel: Rufe nach dem Hören eines spannenden Podcasts eine Freundin an und erzähl ihr davon oder probiere eine Erkenntnis direkt aus. Wichtig ist es, das gehörte, gesagte oder gelesene direkt in eine Aktion zu „kippen“ und es nicht ausschließlich zu konsumieren und im schlechtesten Fall einige Tage später einfach zu vergessen. Ein weiteres Beispiel wäre es, interessante Aussagen in einem Artikel aufzuschreiben, sondern sie als Zitat beispielsweise in dein Notizbuch zu schreiben. Die Transferarbeit von Kopf aufs Papier lässt die Magie hier automatisch wirken.
2. Mini-Pausen für Körper und Geist
Wie oft ignorierst du die Spannungen in deinem Körper? Regelmäßige Pausen helfen dir dabei, innezuhalten und in sich hineinzufühlen. Atme tief durch, lockere deine Schultern oder strecke dich ein wenig und steh auf. Das dauert weniger als 30 Sekunden, aber der Effekt ist enorm: Du senkst deinen Stresspegel und stärkst dein Bewusstsein für deine eigenen Bedürfnisse.
Eine spannende Publikation zum Thema Stressreduktion in diesem Kontext wurde übrigens bereits im Jahr 2009 von A. D. (Bud) Craig im Nature Reviews Neuroscience veröffentlicht. Hiernach kann die Verbesserung der Interozeption helfen, Stress und emotionale Belastungen deutlich abzubauen.
3. Iss smarter, nicht weniger
Wenn es um Selbstfürsorge geht, kommen wir an dem Thema Nahrung nicht vorbei. Doch ich möchte hier eines offen gestehen: Wenn ich das Wort „Diät“ in diesem Kontext höre, läuft es mir eiskalt den Rücken runter, da es nach Verzicht und Geißelung klingt. Wer hat eigentlich gesagt, dass du für ein gesundes Leben auf alles verzichten musst, was dir schmeckt? Letztlich geht es vielmehr um die Reihenfolge, in welcher du die Nahrung zu dir nimmst: Iss zuerst Gemüse, dann Proteine und Fette, danach Kohlenhydrate und zuletzt Zucker. So verhinderst du „Blutzuckerspitzen“ und bleibst den ganzen Tag über energiegeladen. Der positive Nebeneffekt dabei: Da Zucker erst am Ende kommt, nimmt man bestenfalls weniger davon auf, da man bereits satt ist. Falls du dich hier ein wenig mehr einlesen möchtest, kann ich dir das Buch „Glucose Goddess“ von Jessie Inchauspe empfehlen, die sehr ausführlich über die Stabilisierung des Blutzuckers schreibt und welche positiven Auswirkungen hier bereits kleine Veränderungen haben können.
4. Kleine Auszeiten in der Natur

Natur ist der ultimative Stresskiller und das Beste ist: Man sie kostenlos nutzen. Ein Spaziergang im Park, das Gießen der Zimmerpflanzen oder einfach ein Blick aus dem Fenster ins Grüne reichen bereits aus, um deine Stimmung zu heben. Es gibt unzählige Studien, die uns bereits seit den Neunzigern bekannt sind und zeigen, dass sogar kurze Aufenthalte in der Natur deine Konzentration und dein Gedächtnis verbessern. In Japan ist diese Konzept schon lange unter dem Begriff „Waldbaden“ (= Shinrin Yoku). Der aktive Impuls nach dem Lesen dieses Textes wäre es also in jedem Fall, einen 15-Minuten-Walk zwischen deinen unzähligen Meetings einzuplanen oder sogar noch einen Schritt weiterzugehen und dir direkt ein paar Pflanzen auf deinen Schreibtisch und ins Büro zu stellen.
5. Komplimente machen glücklich
Ein Tipp, der mir in so ziemlich allen Ratgebern fehlt und das, obwohl wir alle wissen: Ein ehrliches Kompliment wirkt Wunder – nicht nur für die Empfänger/-in, sondern auch für dich. Ob es die Kollegin ist, die ein Projekt erfolgreich abgeschlossen hat, oder die Kassiererin mit einem tollen Lächeln – diese kleinen Gesten schaffen eine positive Verbindung. Ein aufrichtiges Kompliment kostet dich nichts. Vielleicht ist es am Ende jedoch das, was die Person Abends am Essenstisch vor ihrer Familie wiederholt, weil es sie so sehr berührt hat oder in ihr Dankbarkeitstagebuch schreibt, weil es ihren (vielleicht anstrengenden) Tag etwas aufgehellt hat.
6. Die 2-Minuten-Aufräumtechnik

Sorry an alle Putzmuffel, aber hier kommt die ungeschönte Wahrheit: Aufräumen ist gut für unsere Psyche. Tägliches kurzes Aufräumen deiner Umgebung reduziert nicht nur die physische Unordnung in deiner Wohnung oder im Büro, es kann auch bei mentale Belastung helfen. Ein aufgeräumter Raum fördert die Konzentration und sorgt für mehr Klarheit. Ein kleiner Tipp ist es, das Aufräumen als natürliche Routine zu integrieren. Nachdem du zum Beispiel aufgestanden bist, machst du umgehend das Bett und lüftest kurz durch. Während dein PC hochfährt, packst du alles, was du auf dem Schreibtisch nicht brauchst, weg. Beim Zähneputzen wirfst du schon einmal die Kaffeemaschine an, etc. Umso weniger Aufwand es für dich ist, umso mehr integriert es sich als Gewohnheit, die du irgendwann sogar nicht mehr bewusst wahrnehmen wirst.
7. Mentale Lasten reduzieren
Meine favorisierte Technik, wenn der Kopf mal wieder vor lauter Gedanken „überquillt”, ist der sogenannte “Brain Dump”. Dieser hilft dir, die mentale Last (auch „Mental Load“ genannt) zu minimieren. Dabei werden Gedanken, To-Dos und Sorgen einfach ungefiltert aufgeschrieben. Falls dir Schreiben schwer fällt, kannst du es auch aufsprechen, als eine Art Memo. Du kannst auch zum Visualisieren übergehen, z.B in einer Mindmap. Dieses Vorgehen hilft dabei, Prioritäten zu setzen. So schaffst du es, Gedanken, die gerade keinen Vorrang haben, jedoch nicht vergessen werden sollten, eine Weile zu „parken“, um sie in einem anderen (passenden) Moment wieder hervorzuholen.
8. Sich in Dankbarkeit üben
Bevor du jetzt mit den Augen rollst, weil das kein echter Tipp ist, lass dir aus eigener Erfahrung sagen: Dankbarkeit ist eine echte Wunderwaffe und diese sollte man unter keinen Umständen unterschätzen. Ein kleines Dankbarkeitstagebuch oder eine liebe Nachricht an eine Freundin reichen aus, um deine Perspektive positiv zu verändern. Dankbarkeit verbessert hierbei nicht nur die psychische, sondern auch die physische Gesundheit. Ich selbst habe 5 Jahre lang ein Dankbarkeitstagebuch geführt und glaube mir: Ich stand davor ganz weit oben auf der Liste der „Skeptikerinnen“ und habe mich tatsächlich eines Besseren belehren lassen. Es ist erstaunlich, was man alles entdeckt, wenn man weiß, dass am Abend mindestens 3 Dinge in deinem Büchlein verschriftlicht werden „müssen“. Plötzlich verändert sich nach ein paar Wochen der Fokus deines Gehirns und es fängt am Tag automatisch damit an, nach den Dingen zu suchen, für die du dankbar sein kannst – Für mich, ein absoluter Gamechanger.
9. Selbstmitgefühl entwickeln

Wer kennt nicht den Satz: “Behandle dich selbst, wie du eine gute Freundin behandeln würdest, dann hörst du auf, so hart und ungerecht zu dir selbst zu sein.”
Sich selbst mit der gleichen Freundlichkeit zu behandeln wie andere, insbesondere in schwierigen Momenten, ist gar nicht so leicht, verändert jedoch dein Selbstbild nachhaltig. Es gibt hierzu übrigens auch ein schönes „Gegenkonzept“ zum Dankbarkeitstagebuch, und zwar das „Misery-Journal“. Hier schreibt man beispielsweise rein, in welchen Bereichen man vermeintlich versagt hat, was alles schiefgelaufen ist und wo man Peinliches gesagt oder getan hat.Dies geschieht unter der Prämisse, im Anschluss zu notieren, was man daraus gelernt hat, wie man es bei einer sich wiederholenden Situation anders machen würde oder wen man hier beim nächsten Mal um Rat oder Unterstützung bittet, um die Situation erfolgreich zu meistern.
Das gilt übrigens auch für Dinge, die wir eigentlich gar nicht ändern können, beispielsweise den verpassten Zug oder das schlechte Wetter. Schließlich kann man in jeder Situation etwas lernen, richtig? Falls du jetzt aber die Augen verdrehen solltest, dann schnapp dir in solchen Situation doch lieber dein Dankbarkeitstagebuch, denn dir wurde Zeit (= verspäteter Zug) und die Möglichkeit geschenkt, Regen zu erleben, zu riechen und auf deiner Haut zu spüren. Was macht uns denn sonst lebendig? Sorry, an mir ist eine völlige Optimistin verloren gegangen. Ich weigere mich also, eine Situation ausschließlich von der negativen Seite aus zu betrachten, sieh mir das bitte nach.
10. Bleib offen für unerwartete Chancen
Die besten Gelegenheiten kommen oft unerwartet. Sei es eine Einladung zu einem Event, ein spontanes Treffen oder ein neues Projekt – manchmal entstehen daraus die wertvollsten beruflichen oder persönlichen Beziehungen. Wir sind zumeist, vor allem beruflich, so auf unseren Werdegang und Erfolg konzentriert, dass wir manche Gelegenheiten einfach nicht wahrnehmen, weil wir glauben, sie würden nicht auf den Weg einzahlen, den wir gerade bestreiten. Ich kann hier aus eigener Erfahrung sagen, dass sich mir die besten Optionen immer dann eröffnet haben, wenn ich kurz davor war, sie nicht wahrzunehmen. In den meisten Artikeln wird davon gesprochen, zu lernen, Nein zu sagen. Ich möchte dich hiermit dazu einladen, öfter auch mal „Ja“ zu sagen. Am besten geschieht dies außerhalb deiner Komfortzone, denn hier passiert die Magie.
Fazit: Kleine Schritte, große Wirkung
Ich hoffe, die Tipps konnten dir eindrücklich zeigen, dass Selbstfürsorge weder kompliziert noch zeitaufwendig sein muss. Die vorgestellten Mikro-Gewohnheiten können dein Leben auf überraschend einfache Weise verändern, indem du sie nach Wunsch in deinen Alltag integrierst und hierdurch mehr Balance, Energie und Zufriedenheit schaffst – und das ganz ohne zusätzlichen Stress.
Da jede Gewohnheit hierbei den individuellen Praxistest bestehen muss, ist natürlich klar, was jetzt folgt: Zurück zu Tipp Nr. 1: Wähle eine Gewohnheit aus und starte noch heute, denn der beste Moment, um etwas für dein Wohlbefinden zu tun, ist genau jetzt. Und wer weiß – vielleicht wirst du rückblickend feststellen, dass genau diese kleinen Schritte der Anfang waren, den du gebraucht hast, um nachhaltige Veränderungen anzustoßen.
Über die Autorin
Kinga Bartczak berät, coacht und schreibt zu Female Empowerment, neuer Arbeitskultur, Organisationsentwicklung systemischen Coaching und Personal Branding.
Zudem ist sie Geschäftsführerin der UnternehmerRebellen GmbH und Herausgeberin des FemalExperts Magazins.